Technik

Balkonkraftwerk in Richtung Norden – macht das Sinn?

Balkonkraftwerk mit Solarmodulen in geneigter Ausrichtung zur Sonne auf einem Balkon.

Die Erfolgsgeschichte der Balkonkraftwerke in Deutschland setzt sich auch dieses Jahr fort. Im Juni meldete die Tagesschau, dass nach Schätzungen auf Grundlage von Daten der Bundesnetzagentur bereits eine Million Balkonkraftwerke in Deutschland im Betrieb sind [1]. Diese beeindruckende Zahl zeigt, wie sehr Steckersolargeräte den Zugang zu eigener Stromerzeugung erleichtern. Sie sind vergleichsweise günstig, benötigen wenig Platz und ermöglichen es auch Mieterinnen und Mietern oder Menschen mit beschränkten Flächen, eigenen Solarstrom zu produzieren. Gleichzeitig hängt die Effizienz jeder Solaranlage stark von der richtigen Ausrichtung und dem Neigungswinkel der PV-Module ab. Was aber, wenn die einzige verfügbare Fläche nach Norden zeigt? Mit genau dieser Frage beschäftigt sich dieser Artikel, um dir alle Informationen zu geben, die du brauchst, damit du entscheiden kannst, ob eine PV-Anlage bzw. ein Balkonkraftwerk auf der Nordseite für dich sinnvoll ist.

Wie richte ich mein Balkonkraftwerk ideal aus?

Um den maximalen Ertrag aus Photovoltaikmodulen zu erzielen, ist die optimale Ausrichtung entscheidend. Idealerweise sollte das Sonnenlicht möglichst senkrecht auf die Solarzelle treffen. In Deutschland erreicht man dies am besten mit einer Südausrichtung bei einer Neigung von etwa 35°, da die Sonne an einem Sommertag ungefähr diesen Winkel erreicht. Optimal wäre eine kontinuierliche Anpassung der Module an den Sonnenstand, damit sie immer die maximale Sonneneinstrahlung aufnehmen. Dies ließe sich durch eine motorisierte Halterung mit automatischem Sonnen-Tracking umsetzen, die morgens nach Osten, mittags nach Süden und abends nach Westen zeigt. In der Praxis ist dies jedoch aufwendig und für Balkonkraftwerke kaum umsetzbar. Einen ausführlichen Ratgeber zur optimalen Ausrichtung deiner PV-Module findest du in diesem Blogbeitrag.

Da die Sonne auf der Nordhalbkugel nicht im Norden steht, ist bei einer Nordseite des Daches kein direktes, senkrechtes Auftreffen der Sonnenstrahlen möglich. Stattdessen werden die Module auf diffuses Licht angewiesen, das durch Streuung in der Atmosphäre oder Reflexion an Gebäuden und Wolken entsteht. Die Effizienz einer Solaranlage mit Nordausrichtung ist daher geringer, und die Solarzellen produzieren deutlich weniger Strom als bei einer Südausrichtung. Trotzdem kann auch auf der Nordseite Strom erzeugt werden, wenn man die Module optimal montiert und den Eigenverbrauch möglichst hoch hält.

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Theoretische Stromerzeugung auf der Nordseite

Um abschätzen zu können, ob sich ein Balkonkraftwerk auf der Nordseite lohnt, betrachten wir die theoretisch mögliche Effizienz. Die Tabelle zeigt die maximal erreichbare jährliche Globalstrahlungssumme in Prozent des idealen Südertrags für verschiedene Neigungswinkel und Ausrichtungen. Sie basiert auf Simulationen von Konrad Mertens für sein Lehrbuch zur Photovoltaik [2] und wurde für Berlin durchgeführt. Die Neigungswinkel sind horizontal, die Ausrichtungen vertikal angegeben, wobei 0° Süden und 180° Norden entspricht.

 

°

10

20

30

40

50

60

70

80

90

SÜD

0

92,7

97,1

99,6

99,9

98,2

94,3

88,5

81

72,1

 

10

92,6

96,9

99,2

99,4

97,6

93,8

88,1

80,6

71,8

 

20

92,2

96,2

98,2

98,4

96,6

92,6

87,1

79,8

71,2

 

30

91,6

95,2

96,9

96,8

94,7

91

85,5

78,5

70,2

 

40

90,9

93,8

95,1

94,5

92,5

88,6

83,4

76,6

68,9

 

50

90

92,1

92,8

91,9

89,6

85,9

80,6

74,2

66,9

 

60

88,9

90,1

90,2

88,9

86,3

82,6

77,5

71,4

64,4

 

70

87,8

88

87,2

85,5

82,7

78,8

73,9

68

61,6

 

80

86,6

85,7

84,1

81,8

78,7

74,7

69,9

64,5

58,3

 

90

85,3

83,3

80,8

77,9

74,4

70,4

65,8

60,4

54,9

 

100

84,1

80,9

77,4

73,8

70

65,8

61,2

56,4

50,9

 

110

82,9

78,5

74,1

69,7

65,4

61,2

56,7

52

47,2

 

120

81,7

76,3

70,7

65,6

61

56,5

52,3

47,9

43,5

 

130

80,7

74,2

67,6

61,7

56,6

52,2

48,1

44

40

 

140

79,9

72,5

65

58,2

52,7

48,2

44,2

40,5

37

 

150

79,1

71,1

63,1

55,6

49,2

44,5

40,9

37,5

34,4

 

160

78,6

70,1

61,8

53,9

46,8

41,5

38

35,1

32,2

 

170

78,4

69,5

61,1

52,9

45,6

39,7

36,2

33,4

30,8

NORD

180

78,3

69,5

61

52,8

45,4

39,3

35,7

33

30,4

 

Aus der letzten Zeile lässt sich erkennen, dass bei einer sehr flachen Montage auf der Nordseite bis zu 78 % des Südertrags erzielt werden können. Je steiler die Neigung, desto stärker sinkt der Wirkungsgrad. Typische Dachneigungen zwischen 20° und 40° führen zu Ertragseinbußen zwischen 30 % und 47 %. Bei senkrechter Montage, etwa an einer Hauswand oder Balkonbrüstung, sinkt der Ertrag sogar um bis zu 70 %. Je flacher die Module montiert werden, desto effizienter nutzen sie die verfügbare Sonneneinstrahlung, aber bei zu geringer Neigung unter 10° verliert man den Selbstreinigungseffekt, sodass Schmutz und Staub durch Regenwasser nicht mehr zuverlässig abgewaschen werden.

Messungen und Praxiswerte für Nordausrichtung

Neben den theoretischen Simulationen existieren auch Messungen. Eine japanische Studie aus 2003 verglich den Jahresertrag von PV-Anlagen in Nord- und Südausrichtung. Dabei erreichte die Nordausrichtung 66,4 % des Südertrags, wobei im Sommer bis zu 96,4 % erzielt wurden, im Winter aber nur 32,8 % [3]. Eine koreanische Studie berichtet von durchschnittlich 74 % des Südertrags bei Nordausrichtung, ebenfalls mit deutlichen saisonalen Schwankungen [4]. Die Werte bestätigen, dass eine Solaranlage auf der Nordseite gute Erträge erzielen kann, wenn die Module korrekt ausgerichtet sind und der Eigenverbrauch optimiert wird.

Lohnt sich ein Balkonkraftwerk auf der Nordseite?

Sowohl Simulationen als auch Messungen zeigen, dass die Energieproduktion bei Nordausrichtung je nach Neigung zwischen 20 % und 70 % geringer ausfällt. Bei einer typischen Neigung von 30° kann man etwa 60 % des Südertrags erreichen. Das bedeutet, dass ein Balkonkraftwerk auf der Nordseite pro Jahr weniger Solarstrom produziert. Wenn man den eigenen Stromverbrauch vollständig decken würde, entspricht dies auch einer geringeren jährlichen Ersparnis. In einem Beispiel für ein 500-Euro-Balkonkraftwerk verlängert sich die Amortisationszeit von 3 auf rund 5 Jahre.

Die Praxis sieht jedoch etwas anders aus, da der meiste Strom mittags erzeugt wird, während der Verbrauch oft niedriger ist. Ein Teil des Stroms wird ins Netz eingespeist, wodurch die Einspeisevergütung genutzt werden kann. Gleichzeitig kann der Eigenverbrauchsanteil bei einer Nordseite steigen, wodurch die geringere Produktion teilweise ausgeglichen wird.

Der Steckersolarrechner der HTW Berlin berücksichtigt diesen Effekt. Für das Basic Balcony 900 Set, 2100 kWh Verbrauch, 40 ct/kWh Strompreis und eine Neigung von 40°, ergibt sich bei Nordausrichtung ein Jahresertrag von 519 kWh, davon 65 % Eigenverbrauch, was einer jährlichen Ersparnis von 136 Euro entspricht. Bei Südausrichtung steigt der Ertrag auf 885 kWh, Eigenverbrauch 45 %, Ersparnis 160 Euro. Der Wirkungsgrad auf der Nordseite beträgt also nur 58 % des Südertrags, aber der höhere Eigenverbrauch mindert den Unterschied bei der Ersparnis. Die Amortisationszeit liegt bei 3,1 Jahren für Süden und 3,7 Jahren für Norden.

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Weitere Faktoren bei Nordausrichtung

Neben Neigung und Ausrichtung spielen weitere Faktoren eine Rolle: Die Dachneigung, die Schneelast im Winter und das Schwachlichtverhalten moderner Solarmodule beeinflussen den Ertrag. Auf Norddächern ist die Sonneneinstrahlung geringer, aber auch diffusem Licht kann effektiv genutzt werden. Eine Solaranlage auf der Nordseite lohnt sich insbesondere dann, wenn die Module auf der Nordseite gute Erträge erzielen und die Stromproduktion optimal auf den eigenen Verbrauch abgestimmt wird. Moderne Solarmodule mit hohem Wirkungsgrad können auch auf weniger sonnigen Dachseiten noch Solarenergie produzieren und die Investition lohnt sich langfristig.

Je flacher die Module montiert werden, desto geringer sind die Verluste. Bei einer Neigung unter 10° funktioniert die Selbstreinigung durch Regenwasser nicht mehr zuverlässig. Dennoch kann auf der Nordseite mehr Strom produziert werden, als viele zunächst vermuten. Die optimale Ausrichtung und Neigung der PV-Anlage maximiert den Ertrag und ermöglicht es, die erzeugte Energie effizient zu nutzen und zu speichern.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Balkonkraftwerk oder eine PV-Anlage auf der Nordseite zwar mit Ertragseinbußen verbunden ist, sich aber unter den richtigen Bedingungen lohnen kann. Die Verluste hängen stark vom Neigungswinkel der Module ab und können bis zu 70 % betragen. Je flacher die Module montiert sind, desto effizienter ist die Nutzung der diffusen Sonneneinstrahlung. Gleichzeitig sollte der Eigenverbrauch möglichst hoch sein, um kurze Amortisationszeiten zu erzielen. Mit der richtigen Installation auf der Nordseite und modernen Solarmodulen kann eine Solaranlage auf der Nordseite gute Erträge erzielen und langfristig eine lohnende Investition sein. Der individuelle Standort, die Dachneigung und der verfügbare Platz spielen dabei eine entscheidende Rolle. Unser Support berät dich gerne, um die passende Lösung für dein Balkonkraftwerk zu finden.

Quellen:

[1] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/energie/balkonkraftwerke-million-100.html

[2] https://www.lehrbuch-photovoltaik.de/index.html

[3] https://ieeexplore.ieee.org/abstract/document/1305031

[4] https://cdn.apub.kr/journalsite/sites/kses/2022-042-05/N0600420501/N0600420501.pdf

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